Um vom Yachthafen in Metz weiter auf der Mosel zu Tal fahren zu können, mussten wir zuerst den kurzen Stichkanal zurückfahren und dann gleich über Steuerbord in den Kanal, der zur Schleuse Metz führt, einbiegen. Die Schleuse Metz verfügt über zwei Kammern. Da ich mich über Funk korrekt als «Bateau Plaisance» zu erkennen gegeben hatte, bekamen wir zur Antwort, dass die «Kleine» für uns vorbereitet würde. Damit wusste ich, dass ich mich nach Backbord halten musste, was ich dann auch tat.
Wir fuhren ca. 30 Kilometer zu Tal, bis wir einen Liegeplatz mit Pollern fanden. Kurz nach der Einfahrt in einen weiteren Kanalabschnitt legten wir an und blieben hier für die Nacht. Wohl weil eine Kurve zu fahren war, passierten die grossen Schiffe hier relativ langsam an uns vorbei, was den Schwell ziemlich erträglich machte. Unsere Gäste waren als erprobte Berggänger und Wildzeltler hart im Nehmen und somit mit diesem Nachtlager zufrieden. Es gab auch hier, ausser Gestrüpp und einer steilen Böschung über die man zu einem Strässchen gelangen konnte, absolut nichts. Gut, die Kletterei und den Spaziergang zum Wehr liessen wir uns nicht nehmen, Markus machte dann sogar noch eine grössere Schleife und konnte Lilly vom anderen Ufer aus sehen. Für den Rest des Abends bot Lilly uns das gemütliche Achterdeck, wo wir den Tag bei Speis und Trank Revue passieren liessen.
Nach einer erholsamen Nacht warfen wir die Leinen los und setzten unsere Fahrt zu Tal fort. Heute legten wir in Thionville am städtischen Ponton, der sich stolz Marina nennt, an. Den Nachmittag verbrachten wir in der hübschen Altstadt, genauer gesagt in der Fussgängerzone. Bevor wir uns wieder aufs Schiff begaben, genehmigten wir uns einen kleinen Apéro in einer der vielen Gaststätten mit Aussensitzplätzen und schauten spazieren.
Zurück auf dem Schiff folgte das übliche Prozedere, Nachtessen, gemütliches Beisammensitzen und später die verdiente Nachtruhe.
Die Fahrt am anderen Tag endete bereits um ca. 13:00 Uhr an einem Steinquai in Sierck-les-Bains.
Nach der Mittagsverpflegung machten wir uns zusammen auf, die «Ruines du château des ducs de Lorraine et des fortifications» zu besichtigen. Unter Zuhilfenahme einer Wander-App führten unsere WanderleiterInnen uns auf einen steilen Pfad zur Rückseite der Burg. Eigentlich sollte man von dieser Seite Zugang zur Burg haben. Was wir hingegen antrafen, waren Absperrungen und Hinweise, dass grössere Renovationsarbeiten im Gange sind. Wir stiegen auf der anderen Seite wieder hinunter, konnten aber auch hier keinen Zugang finden, schade. Als Ersatz wurden wir nun in den Wald geführt, wo es einen Wasserfall und eine Mühle geben sollte. Das war zwar wunderschön, allerdings gab der Skipper nach einer gewissen Strecke auf und erklärte sich bereit im Dorf nach einem Gastbetrieb zu suchen, wo wir unsere müden Knochen unter einem Tisch auf einer Terrasse, ausstrecken könnten. Selbstverständlich wurde der Scout fündig und informierte den Rest des Trupps über genaue Lokation der Lokalität und bestellte sich schon mal etwas beim netten Wirt.
Als dann alle den Platz mitten im Ort gefunden hatten, wurde es gemütlich. Zurück auf der Lilly gab es dann wieder Programm gemäss üblichem Vorgehen, essen, trinken, gedanklicher Austausch und später aufsuchen der individuellen Lagerstätten. Auch heute hatten wir einen wunderbaren Tag, bei schönstem Wetter, mit unseren Gästen verbringen dürfen. Wobei der Skipper sich zunehmend Sorgen machte, des heissen und vor allem extrem trockenen Wetters wegen. Erreichten uns doch immer wieder Nachrichten, dass die Wasserstrassen, auf denen wir erst vor kurzer Zeit noch unterwegs gewesen waren, nun gesperrt seinen. Es war so ein Gefühl, als ob man rennt und rennt und hinter einem die Brücken zusammenbrechen und Türen zuknallen. Der Tiefenmesser zeigte jedoch während der Fahrt auf der Mosel, immer noch 3–5 Meter Wasser unter dem Kiel. Das liess hoffen.
Bevor wir am nächsten Morgen weiterfahren konnten, joggte Markus ins Dorf und kam mit frischem Brot und der Information zurück, dass er den Zugang zur Burg gefunden hätte. Trotzdem legten wir kurz darauf ab und nahmen Fahrt auf, weiterhin die Mosel zu Tal.
Schon um ca. 11 Uhr 20 legten wir in Schengen an. Jedermann und -frau kennt Schengen, zumindest in Europa. Wir fanden, gerade, dass wir unter Schweizer Flagge fahren und die Schweiz, zwar nicht in der EU, aber Mitglied des Schengenraumes ist, verlangte von uns geradezu, dass wir hier Präsenz, oder wie man auch sagt, Flagge, zeigen. Etwas eingeschüchtert war der Skipper von den strengen Regeln, die dort angeschlagen waren. So hätten wir hier zwar bis Sonntag liegen bleiben können, aber während des Stillliegens muss eine einsatzfähige Person an Bord bleiben. Das bedeutete, dass ich nicht auf Ortsbesichtigung mit durfte. Dafür brachte mir die Crew eine Flasche Moselwein von der Touristen-Information mit. Das fand ich nett.
Bereits um 13:30 Uhr legten wir wieder ab und bewegten uns weiter zu Tal bis Schwebsingen, wo wir telefonisch einen Liegeplatz reserviert hatten. Vor der Hafeneinfahrt meldeten wir uns beim Hafenkapitän über Funk und er wies uns einen Platz zu. Als wir dann zum Registrieren und Gebühren bezahlen im Hafenbüro vorstellig wurden, fragten wir gleich noch, ob wir am nächsten Morgen zudem tanken könnten. Wussten wir doch, dass es hier eine Schiffstankstelle gäbe und wir hier in Luxemburg von günstigem Tarif profitieren könnten. Wir bekamen ein Zeitfenster und die Auskunft, dass wir als vierte dran sein werden.
Den Nachmittag verbrachten die Damen mit unseren e-Klapprädern, mit denen sie zum Einkaufen radelten und die Männer schauten sich das Gelände an und setzten sich noch auf die Terrasse des, zum Hafen gehörenden, Restaurants. Ansonsten konnte man hier nicht viel machen. Den Abend verbrachten wir auf die gewohnte Art und am Folgetag klarierten wir uns und das Schiff bereit zum Tanken. Als wir dran waren, musste das Schiff zurücksetzen und um 180° über Backbord drehen, um dann in die Box der Tankstelle einzufädeln. Es waren, zugegebenermassen, etwas beengte Verhältnisse, trotzdem gelang dem Skipper das Manöver, ohne ein anderes Boot zu versenken, oder eine Steganlage zusammenzulegen. Die Tankstelle war bedient und die Leute dort waren freundlich, lustig und hilfsbereit.
Noch während wir betankt wurden, hörten wir die Funkanfrage von Willi, dem Skipper der Maria-Luisa, der in Metz, während unserer Abwesenheit, auf Lilly aufgepasst hatte, er würde gerne auch noch tanken. Und so kreuzten wir mit der Maria-Luisa, während wir aus dem Hafen ausfuhren und sie vor dem Hafen am Wartesteg angelegt hatten. Freudig wurde gewinkt und Grüsse und Glückwünsche ausgetauscht.
Keine Stunde später legten wir am rechten Ufer am schattigen Steinquai vor dem Restaurant Rothaus, an. Da die Mosel die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg verkörpert, lagen wir jetzt in Deutschland und verbrachten aber den Grossteil des Tages in Remich in Luxemburg, indem wir einfach über die Brücke spazierten.
Auch hier konnten wir gemeinsam einen Waldspaziergang machen, den wir dann via Promenade an der Mosel entlang wieder zurück nach Remich abschlossen. Die, nach wie vor hohen Temperaturen liessen uns, etwas später ein Glacé geniessen. Danach trennten wir uns paarweise, um ein Restaurant für unser Nachtessen zu suchen. Was wir fanden, war ein indisches Lokal mit Namen Gandhi. Das Essen, der Service, der Wein und die Stimmung waren hervorragend. Mit dem Kellner unterhielten wir uns angeregt, er interessierte sich stark für unsere Lilly und versprach am nächsten Morgen, vor seiner Schicht, bei uns vorbeizukommen und einen Kaffee mit uns zu trinken.
Und so kam es dann auch, genauer gesagt er.
Nach einer kurzen Besichtigungsrunde sassen wir gemütlich auf dem Achterdeck und tranken Kaffee. Es war hochinteressant und aufschlussreich, etwas darüber zu erfahren, wie er von Indien nach Luxemburg gekommen war und dass er seinen Job gerne macht, obwohl er eigentlich etwas anderes studiert habe. Aber der Kontakt mit Menschen würde ihm schon sehr gefallen. Schliesslich wäre er jetzt auch nicht hier, wenn er woanders arbeiten würde. Das Argument war unwiderlegbar. Seine Familie betreibt eine Restaurantkette in Luxemburg und das schon seit etwa dreissig Jahren.
Er musste dann los, seine Schicht beginnt um 10:00 Uhr und wir mussten auch von hier verschwinden, weil für diesen Tag ein Passagierschiff den Steg reserviert hatte. Wir legten ab und bewegten uns weiter die Mosel zu Tal. Die Suche nach einem vernünftigen Liegeplatz für die Nacht, gestaltete sich als etwas schwierig, mehrere Anlegeversuche schlugen fehl. Entweder war es untief, die Poller lagen zu weit auseinander, es war schon alles belegt oder die Umgebung war nicht einladend. Es wurde halb drei, bis wir in Grevenmacher fündig wurden. Gleich neben dem Freibad.
Der extrem lange Quai war fast ganz für richtig grosse Hotelschiffe reserviert. Nur die letzten zwanzig Meter sind für Sportboote. Wir belegten sie ganz. Auch hier war zu lesen, dass eine einsatzfähige Person an Bord bleiben muss, darum gingen unsere Gäste allein in den Ort zur Besichtigung.
Anderntags, wir schrieben den 1. August 2022 (Schweizer Nationalfeiertag) machten sich unsere Gäste früh auf, um mit Bus und Zug nach Luxemburg City zu fahren. Sie kamen am späten Nachmittag wieder zurück und erzählten begeistert von ihrem Trip.
Ein Telefonat, kurz nach dem sie abgefahren waren, mit der luxemburgischen Zuständigkeit für die Häfen, brachte Licht in die Bestimmung, mit dem an Bord bleiben. Es gelte wohl nur für die grossen Passagierschiffe, oder wenn man an deren Platz angelegt hätte. Wir würden ja am Ende des Quais liegen, wo es für uns vorgesehen sei. Wir können selbstverständlich das Schiff verlassen.
Also gingen auch wir zurückgebliebenen auf Besichtigungs- und Einkaufstour. Grevenmacher bietet weder vom Besichtigen noch vom Einkaufen her sehr viel, aber genügend, um den Tag im Ort zu verbringen.
Am Abend, als alle wieder vereinigt auf dem Achterdeck zum Apéro sassen, haben wir noch ein paar Lampions und Fähnchen aufgehängt. Ein bisschen Nationalfeiertag wollten wir dann doch noch begehen. Selbstverständlich blieben die Lampions unbeleuchtet. Offenes Feuer auf dem Schiff lässt dem Skipper immer die Nackenhaare aufstehen. Aber mit den Fähnchen machten wir dann noch ein lustiges Spiel, alle vier bestimmten wir den zu den einzelnen Flaggen gehörenden Kanton inklusive des passenden Hauptortes. Ja und selbstverständlich, selbstverständlich wusste jeder und jede jeden Kanton und jeden Hauptort zu jedem Fähnchen.
Am frühen Morgen des nächsten Tages reisten unsere Gäste wieder ab, mit dem Zug über Saarbrücken, was es ihnen ermöglichte zu sehen, wo wir, die Crew der Lilly, in den nächsten Tagen und Wochen weiterreisen würden. Ihr Zug folgte nämlich über weite Strecken dem Lauf der Saar.
Wie wir nun wussten, dass wir das Schiff verlassen können, entschlossen wir uns einen weiteren Tag in Grevenmacher liegenzubleiben und ebenfalls mit Bus und Zug nach Luxemburg Stadt zu fahren. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass in Luxemburg nicht nur der Sprit billiger ist, nein, die öffentlichen Verkehrsmittel sind sogar ganz gratis. Ein tolles Land.
Die Reise dauerte etwa eine Stunde und Luxemburg ist wirklich schön, interessant und sehenswert. Für die Mittagsrast fanden wir einen wundervollen Italiener, wo wir hervorragend zu Mittag assen.
Am späteren Nachmittag fuhren wir wieder zurück zur Lilly und am nächsten Morgen auf der Mosel weiter nach Konz, wo wir im Sportboothafen, Trinkwasser bunkern konnten. In Konz mündet die Saar in die Mosel. Die Saar zu Berg war der nächste Abschnitt unseres Plans.
Davon wird dann der nächste Bericht berichten.