Endlich fertig, wenn auch noch immer nicht alles geliefert.
Das will heissen, alle in Auftrag gegebenen Arbeiten sind abgeschlossen. Zu tun gibt es aber noch immer einiges. Wir sind mit Phillippe, dem Werftleiter überein gekommen, dass die zwei drei noch fehlenden Teile nachgeschickt werden können.
Also beschlossen wir unser, provisorisch gestecktes Ziel anzupeilen und loszufahren. Aber auch das stellt man sich vielleicht zu einfach vor. Zuerst wollten noch die uns mittlerweile wohlbekannten Einkaufszentren in der nahen Umgebung leergekauft werden. Das heisst, wir bunkerten verschiedene Konserven für längere Unabhängigkeit, Frischware für die nächsten Tage und Kleinigkeiten vom Bricomarché, dem französischen Do-it-yourself Grossmarkt.
Am Donnerstagabend füllten wir den Trinkwassertank bis an den Tankstutzen, damit wir beim Diesel tanken am Freitagmorgen keine Schwierigkeiten bekommen würden. Dies war eine Empfehlung von Simon Piper, der das Boot gebaut hatte. Der Trinkwassertank ist ganz vorn im Bug und fasst 1600 Liter Trinkwasser. Diese 1.6 Tonnen führen dazu, dass der Bug ein paar Zentimeter tiefer im Wasser liegt und somit der Dieseltank sich besser füllen lässt.
Am Freitagmorgen warfen wir die Leinen los und verliessen den Hafen von H2O, um kurz darauf in die Saône einzubiegen. Gleich nach der Ausfahrt liegt der Ponton, der eine eigentliche Schiffsdiesel Tankstelle ist. Hier wollten wir unseren halb leeren, oder halb vollen Dieseltank bis zum Rand füllen, um möglichst lange unabhängig zu sein.
Der Ponton war aber schon von einem anderen Piperboat besetzt. Das hiess mitten im Fluss stehenzubleiben und geduldig zu warten, bis deren Durst gestillt war. Als wir sahen, dass sie ihre Leinen losmachten und ihr kurzes Schallzeichen (Horn tuut) erklang, steuerten wir den Ponton an und legten, anders als beim letzten Mal, im ersten Anlauf, unter Zuhilfenahme einer Spring und dem darin eindampfen, an.
Der Rest ist wie beim Tanken eines Autos, einfach mit etwas grösseren Zahlen.
Dieses Mal gelang es uns auch ohne Ãœbergeschwappe und Sauerei.
Das nächste Ziel, wo wir für die Nacht anlegen wollten, war, wie auch schon, Auxonne.
Die Fahrt dahin dauerte ca. zweieinhalb Stunden.
Dass Timing essenziell ist, im Leben, wussten schon die ersten Bauern vor 10000 Jahren. Und so waren wir zu früh, oder zu spät dort, je nach Blickwinkel. Jedenfalls waren die drei Schwimmpontons am linken Ufer der Saône bei Auxonne alle belegt. Die Benennung der Seite, also linkes oder rechtes Ufer, erfolgt bei einem Wasserweg immer in Strömungsrichtung. Da wir die Saône zu Berg fuhren, hiess das, dass das linke Ufer für uns rechts war. Wir wussten, dass auf der anderen Seite, am rechten Ufer eine weitere Möglichkeit anzulegen bestand. Also querten wir den Fluss knapp oberhalb der Brücke über Backbord. Dort lagen zwar schon zwei Yachten nebeneinander, aber es hatte noch Platz. Warum wir ansonsten dort alleine waren, bemerkten wir schnell. Wenig Wassertiefe und winzige Ringe, um die Leinen durchzuziehen. Lilly kommt mit solchen Bedingungen allerdings hervorragend zurecht. Hat sie doch am tiefsten Punkt, bei der Schraube und dem Ruder nur knapp einen Meter unter Wasserlinie und bis zum Bug nur noch ca. 70 cm.
Nachdem wir am Ende des Quais festgemacht hatten, fuhren die zwei Yachten davon. Es war erst Mitte Nachmittag. Wir entschieden uns zu bleiben und verholten, nach kurzer Sichtprüfung der Situation unsere Lilly von Hand (einfach mal knapp 40 Tonnen, mit den Seilen 30 Meter dem Quai entlang ziehen) etwas weiter nach vorn. Hier war etwas mehr Tiefe.
Später fuhren wir mit unsern e-Klapprädern über die Brücke zum Einkaufen.
Mitten in der Nacht, ca. um halb fünf erwachten wir von einem durchdringenden Hornsignal. Ich erschrak heftig, da mir als Erstes unsere neuen Rauch- und CO-Melder in den Sinn kamen. Mein Gott bloss kein Feuer an Bord, das Schlimmste, was einem Skipper passieren kann. Adrenalin gepeitscht rannte ich durchs Schiff, alle Sinne auf die Gefahr gerichtet. Nichts. Nur dieses nervige Geheule. Im Steuerhaus angekommen, war die Ursache des Weckrufs klar. Eine Hauskatze mit Halsband war wohl in ihrer Neugierde durch das offene Dachfenster hereingesprungen und nicht mehr herausgekommen. Im Steuerhaus rannte sie von Panik erfüllt auf dem Steuerpult von Fenster zu Fenster und ist dabei auf alle möglichen Schalter getreten, einer davon unser Horn.
Die uferseitige Tür aufschliessen und öffnen und das Horn abschalten waren eins. Das andere war der Katze nachzusehen, wie sie in Riesensätzen das Weite suchte.
An richtig viel Schlaf war danach natürlich nicht mehr zu denken.
Trotzdem fuhren wir nach dem Samstagsbrunch, bei schönstem Wetter und gut gelaunt, weiter die Saône zu Berg.
Jedoch nur bis Lamarche. Dort erblickten wir einen Quai mit Pollern und gerade genug Platz für unsere Lilly. Dass dieser Quai direkt am Campingplatz ist, war uns egal. Es gab sogar ein kleines Gespräch mit einem Niederländer, dem Lilly sehr gefiel und der ein Foto machte für seine Enkelin, die eben auch Lilly heisst, so jedenfalls erzählte er uns.
Überhaupt muss ich hier zwischendurch erwähnen, sind wir immer wieder erstaunt, wie oft irgendwelche Passanten uns mitteilen, dass sie sie schön fänden. Wir freuen uns immer über solche Kommentare und bedanken uns artig.
Lamarche selber ist nichts Besonderes, es gibt viele solcher Dörfer an den Wasserstrassen, meist ist die Kirche noch das sehenswerteste. Auf unserem Spaziergang entdeckten wir ein Coiffeurgeschäft an der Hauptstrasse mit offener Glastüre. Bei der Wärme war das aber auch kein Wunder. Gerade der Wärme wegen fühlte sich mein Haupthaar als etwas zu viel an. Kurzentschlossen über die Schwelle getreten und nach einem Haarschnitt gefragt, war eine Affäre von Sekunden. Die Dame hatte grade keinen anderen Termin und so verliess ich den Laden nach einer halben Stunde mit etwas leichterem Kopf.
Während unseres Sonntagsbrunches stellten wir fest, dass sich direkt auf dem Campingplatz ein Flohmarkt etablierte. Selbstverständlich schlenderten wir später den Ständen entlang und fanden sogar ein paar Kleinigkeiten, die für kleines Geld in unseren Besitz überging. Das Ganze bei schönstem und sehr warmem Wetter.
Wir genossen einen angenehmen Sommerabend auf unserer Veranda, wo wir unser Nachtessen bei einem Glas Wein zu uns nahmen.
Der Hammer kam erst, nachdem wir schon etwa eine Stunde geschlafen hatten. Christine hörte noch etwas gegen den Rumpf schlagen, dachte sich nichts weiter dabei und schlief wieder ein. Sie weckte mich, als sie selber von einer aufgeregten Frauenstimme, die sie aus einiger Distanz rufen hörte, geweckt wurde und aus dem Bullauge unserer Kabine blickte. Entgegen des erwarteten Anblicks der Wohnmobile sah sie nur Wasser und sagte mit erschreckter Stimme: "Wo sind wir denn?"
Mir war sofort klar, was los war, nämlich unsere Leinen. Ich hatte früher schon von solchen Vorfällen gelesen. So wie wir waren, stürzten wir ins Steuerhaus, wo ich als Erstes den Motor anwarf. Die Sicht war sehr bescheiden, trotz sich näherndem Vollmond war es stockdunkel da draussen. Die Brücke, über die wir am Vortag spaziert waren und von wo aus wir festgestellt hatten, dass dort auf der anderen Seite unterhalb der Brücke Poller auf einem steilen Ufer waren, konnte ich erkennen. Zuerst täuschte ich mich jedoch in der Position, in welcher wir waren. Bis Christine die eben erwähnten Poller erkennen konnte. Wir hatten unsere Headsets auf und ich schickte sie mit dem LED-Scheinwerfer, den wir im letzten Jahr für Tunnelfahrten gekauft hatten, zum Bug, um für etwas Orientierung für mich am Ruder zu sorgen.
Ihre Bemerkung machte mir klar, dass wir nicht am rechten Ufer oberhalb der Brücke, wo wir vor ein paar Stunden noch lagen, waren, sondern am linken unterhalb der Brücke.
Den ursprünglichen Plan, zurück zur Anlegestelle zu fahren, verwarf ich in dem Moment und war froh, dass wir die Situation hier am Vortag besichtigt hatten. Also wendete ich das Schiff und fuhr zum Ufer, um dort anzulegen. Die weiter oben erwähnte Dame hatte wohl die Polizei angerufen. Deshalb sahen wir ein Polizeiauto mit vier Gendarmen beiderlei Geschlechts, die uns freundlicherweise die Leinen abnahmen und um die Poller legten. Einer sprach sogar Englisch und so konnte ich ihm die Situation erklären. Dies alles wohlverstanden immer noch im Pyjama. Es war zum Glück schön warm. Während ich mich mit den Leinen beschäftigte, ich machte auf beiden Pollern einen zusätzlichen Mastwurf, wollten die beiden weiblichen Gendarmen einen Ausweis sehen. Ich zeigte auf meinen Pyjama und meinte, ich hätte grade keinen bei mir. Das wurde mit verständigem Nicken quittiert. Sie gaben sich mit dem Namen von uns und der Registernummer der Lilly zufrieden und zogen wieder von Dannen.
Die wohl alkoholbedingte, und vielleicht von der Wärme zusätzlich angetriebene, Dummheit eines, oder mehrerer Idioten, bei denen man sich fragt, was die Natur sich dabei gedacht hatte, hätte ganz schön ins Auge gehen können.
Wir hätten mit einem Brückenpfeiler kollidieren, oder über ein Wehr hinabtreiben können. Glücklicherweise ist diese Brücke ohne Pfeiler über die ganze Breite der Saône gespannt und die Strömung eher bescheiden. Es war wohl eher der Wind, der uns so weit abgetrieben hat.
Dass auch in dieser Nacht der Schlaf etwas zu kurz kam, wird wohl niemanden erstaunen und auch nicht, dass wir am Morgen sofort weiterfuhren, an diesen Ort werden wir nicht so schnell wiederkommen.
Ohne weitere Probleme errichten wir am Nachmittag Mantoche. Einen ordentlichen Spaziergang durch den Ort gönnten wir uns, bevor wir zu den wichtigen Dingen des Tages, Essen und Trinken, übergingen.
Auf unserem Spaziergang entdeckten wir einen kleinen Tante-Emma-Laden. Ein paar Kleinigkeiten konnten wir dort erstehen und an einem Tisch im Schatten auch gleich einen Apéro trinken. Mit entsprechender Zufriedenheit kehrten wir wieder aufs Schiff zurück für die Nacht. Obwohl ein netter Ort und Liegeplatz, zog es uns bereits am nächsten Morgen wieder weiter.
Wieder bereits am frühen Nachmittag legten wir in Gray an. In diesem etwas grösseren Ort bunkerten wir Nahrungsmittel, Trinkwasser, ein paar Sachen aus dem Bricomarché, zum Beispiel eine 4-Trittleiter und ein berührungsloses Temperaturmessgerät, welches mit einem Laserpointer zum Zielen funktioniert. Ralf Garlick von der Endymion hat mich auf die Idee gebracht. Er misst damit immer nach dem Festmachen verschiedene Punkte an der Maschine, dem Getriebe, der Lichtmaschine, der Kupplung, der Welle etc. Dafür hat er sich eine Liste erstellt, die dann mittels eines Klemmbrettes abgearbeitet wird. So sollte man sofort erkennen, wenn ein bestimmtes Teil Probleme bereitet oder hat, einfach, weil es heisser ist als normalerweise.
Nach einer Nacht in Gray dampften wir weiter die kleine Saône hinauf, durch den ersten von zwei Tunneln «Souterrain de Savoyeux» auf der Strecke, bis nach Ray sur Saône.
Seit Mantoche fuhren wir mit einer Erleichterung gegen die hohen Temperaturen, das Frontfenster lässt sich bei der Lilly auf ganzer Breite nach vorn auf das Vorderdeck ablegen. Um das grosse Gewicht abzufangen, gibt es Gasdruckfedern. Auf diese Weise weht einem immer ein laues Lüftchen um die Nase.
In Ray sur Saône fanden wir unseren geliebten Liegeplatz frei vor. Bisher war die Liegeplatzsuche etwas einfacher als das Jahr zuvor, als wir im August, also zur Hauptferienzeit unterwegs waren.
Wie im vorigen Jahr haben wir auch jetzt die Badeleiter an Lillys Aussenseite ins Wasser gehängt und gönnten uns ein erfrischendes Bad.
Etwas später kamen wir noch mit einem sympathischen niederländischen Paar auf einem Mietboot ins Gespräch. Sie seien das erste Mal mit einem Mietboot unterwegs und sie waren sehr interessiert an unseren Erfahrungen.
Um nicht zu viel Zeit zu verlieren, verliessen wir diesen schönen Platz am anderen Morgen schon wieder und pflügten die Wasser der Saône zu Berg bis Port sur Saône. Auf dieser Strecke musste dann noch der Tunnel St. Albin durchmessen werden. Trotz der Hitze machten wir einen Spaziergang durch den Ort, der ein paar besondere Sehenswürdigkeiten besitzt. Abgesehen von der Kirche mit ihrem Vorplatz, an dem ein Wandfresko die Menschenrechte darstellt, sitzen auf Bänken lebensecht aussehende Bronzefiguren. Vor dem Hôtel de Ville, dem Bürgermeisterhaus, stehen weitere Figuren diverser Völker sowie Giraffen und Elefanten herum.
Bei weiterhin heissem Wetter mit stahlblauem Himmel, teilweise bis 37° Celsius, reisten wir weiter die kleine Saône zu Berg in einem Rutsch bis Corre. In Corre gibt es einen wunderbaren, gepflegten Hafen «Fluvial Loisirs», der von einem Schweizer Ehepaar geführt wird. Die Liegegebühr ist nicht direkt bescheiden zu nennen, umfasst aber Strom und Wasser, sowie Duschen etc. Wir verbrachten hier ein paar entspannte Tage, von Freitagabend bis Montagmorgen, also vom 17.6.22 bis 20.6.22.
Den Hafen steuerten wir an, weil wir dort etwas abholen mussten, was wir im Internet bestellt hatten. Eigentlich wollten wir am Sonntag nach dem Brunch losfahren, aber der Wind war dagegen. Die Hafeneinfahrt war schon bei Ankunft etwas tricky mit unserem Schiff. Der Steuermann musste das Frontstrahlruder über Gebühr einsetzen. Die Kurve von 180° liess es nicht zu, dieses Manöver nur mit dem Ruder und dem Motor zu fahren. Der Hafenmeister legte uns neben einen Stahlverdränger mit Namen «Obelix». In Corre konnten wir auch einkaufen. Für die ca. 800 Meter benutzten wir unsere e-Klappräder, es war einfach zu heiss, um in sengender Sonne, mit schwer gefülltem Rucksack auf schattenlosen Strassen ohne Trottoir, herumzuwandern. Am Nachmittag stand plötzlich Andi von der Sinfonia vor der Tür. Ihn und seine Gattin Sabina, kannten wir vom vorderen Jahr, als sie uns in Saint Jean de Losne auf der Werft besuchten und von uns Antworten auf Fragen erhofften, die den Kauf ihrer Sinfonia, einem wunderschönen blauen Piperboat, betrafen. Da sie einen Liegeplatz für Sinfonia in Corre haben, war sein Besuch nicht wirklich überraschend. Solche Treffen sind ein wesentlicher Bestandteil des Schifferlebens und immer eine Freude und Quelle von Erfahrungen, praktischem Wissen und generellem Gedankenaustausch. Wir trafen uns am Abend auf dem Spaziergang noch einmal, diesmal mit unseren Frauen.
Dadurch, dass wir einen Tag anhängen mussten, kamen wir dazu endlich wieder einmal im Restaurant, welches direkt am Hafen liegt, essen zu gehen. So macht man aus nicht geplanten Situationen etwas Positives.
Am Montag liess der Wind, gemäss Wetterprognosen, um ca. die Hälfte nach und so legten wir ab, und zwar zuerst achteraus bis wir dann vorwärts aus dem Hafen ausfahren konnten. Wir verloren dann noch etwas Zeit mit einem kleinen technischen Problem, konnten dann aber in die Schleuse Nr. 46 einfahren. Die Nummerierung erfolgt hier wie wohl auf allen französischen Kanälen von der Scheitelhaltung auf beide Seiten bis hinunter zum nächsten Fluss oder Anschlusskanal beginnend mit der Schleuse Nr. 1.
In der Schleuse Nr.46 steht ein Kasten, mittels diesem man mit der Koordinationsstelle in Gorbay kommunizieren kann. Diese stellen ein paar Fragen, Name, Name des Schiffes, Ziel etc. Dann öffnet sich eine kleine Klappe und es schiebt sich eine kleine Kartonschachtel langsam heraus. Die nimmt man aufs Schiff. Darin befindet sich eine Fernbedienung mit exakt einem Knopf. Diese Fernbedienung braucht man, um sich via Funkempfänger, der bei erfolgreichem Drücken des Knopfes anfängt, gelb zu blinken, an der nächsten Schleuse anzumelden. So weiss man, die nächste Schleuse ist über unser Kommen informiert. Schon die Erste, also die Schleuse Nr.45 stand zwar offen, zeigte zuerst eine Rote und eine Grüne Lampe, das bedeutet Schleuse wird vorbereitet. Dann ganz kurz nur noch die Grüne, was heisst, bitte einfahren, in der nächsten Sekunde jedoch zwei rote Lampen. Das heisst sofort aufstoppen und warten. Nachdem wir genug gewartet hatten (gefühlt Stunden), was sehr unbequem war, weil keinerlei Anlegemöglichkeit und deshalb mit Motor und Ruder und wenn's gar nicht mehr anders geht mittels Frontstrahlruder, die Lilly gerade vor dem Tor halten, rief ich auf die Telefon-Nummer von Golbay an. Die Nummer steht im Kanalführer, den man immer dabei haben muss. Dort nahm jedoch niemand ab. Erst ein Anruf auf die Service-Nummer von VNF brachte den Stein ins Rollen. Jedenfalls war kaum zehn Minuten später eine freundliche Mitarbeiterin von VNF da und löste das Problem (Ausschalten, Einschalten) und schon hatten wir wieder grün und konnten in die Schleuse einfahren.
Jetzt hiess es, sich bzw. uns wieder an die Standardschleusengrösse zu gewöhnen. Diese Normgrösse heisst Freycinet, nach dem Begründer dieser Norm für die Abmessungen der französischen Binnentransportschiffe, Louis Charles de Saulces de Freycinet. Die Schiffsabmessungen betragen maximal 38,5 m × 5,05 m bei einem Tiefgang von höchstens 1.80 m, entsprechend einer Ladekapazität von 250 t
Da ist unsere Lilly ja viiiieel kleiner mit ihren knapp 20 m × 4 m. Es kommt dem Steuermann trotzdem recht eng vor, wenn er im Steuerhaus stehend, die steinernen Kanten der Schleuseneinfahrt unter dem Bug verschwinden sieht.
Es mag einen daher nicht verwundern, dass für uns bereits nach der vierten Schleuse für diesen Tag genug war. Der eigentliche Grund war aber der Halte Nautique, also ein Quai mit Ringen und Pollern, der uns bewog, hier über Nacht liegenzubleiben. Ausser uns war zu dieser frühen Nachmittagsstunde nur ein Wohnmobil mit Anhänger hier. Später kamen zwei weitere Wohnmobile und eine kleine Yacht dazu. Es war ein ruhiger, idyllischer Platz zum Ausruhen.
Nach einer erholsamen Nacht dampften wir weiter den Canal des Vosges zu Berg. Dass es hinaufgeht, ist unmöglich zu übersehen, wenn man in die Schleusen fährt und diese einen um drei Meter nach oben hebt. Und so fuhren wir und stiegen und fuhren, bis Fontenoy le Château, wo ein langer Quai mit Wasser- und Stromanschlüssen auf uns wartete. Dieser Hafen wird von der Bootscharterfirma Le Boat verwaltet. Wir legten gleich am Anfang des Quais an, worauf wir von einem Fischer freundlich darauf hingewiesen wurden, dass hier der Liegeplatz eines Personen-Ausflugsschiffes ist. Wir bedankten uns und legten das Fitnessstudio nach draussen. Das heisst, wir legten uns in die Seile und verholten Lilly um ein paar Meter nach vorn, bis der reservierte Platz wieder frei war.
Eine freundliche Mitarbeiterin von Le Boat kam vorbei und bat uns, später im Hafenbüro vorbeizukommen, um die Gebühr zu entrichten, was wir selbstverständlich umgehend machten. Hier konnten wir unsere Harley problemlos abladen und neben der Lilly parkieren. Mit unseren E-Klapprädern machten wir einen Ausflug dem Kanal entlang bis Port de Bains. Das ist etwa 6 Kilometer entfernt. Wir wollten einen Augenschein nehmen, um gegebenenfalls später dort anlegen zu können. Mit dem E-Klapprad eine Affäre von 15 Minuten, mit der Lilly ca. zweieinhalb Stunden. Es gilt dabei sechs Schleusen mit je einem Hub von drei Metern zu absolvieren.
Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes fuhren wir mit dem Motorrad nach Bains les Bains einkaufen. Dieser Ort verfügt über einen Intermarché, der alles bietet, was wir für die nächsten Tage so brauchten.
Für den nächsten Tag erwarteten wir Tochter Myriam, die uns für ein paar Tage begleiten würde.
Was wir mit ihr erlebten und wie es auf dem Canal des Vosges weiterging, wird im nächsten Bericht thematisiert werden.