Bereits ist der Juni fast vorbei,
drum hier Bericht Numero Drei.
Wir lernen gerade was es bedeutet in Frankreich einen komplexen Auftrag an eine Werft zu vergeben. Da gibt es Zusagen und Versprechungen und Vertröstungen.
Nachdem wir so überhastet an unser Festland Domizil reisen mussten, um unsere Impfungen zu empfangen, hofften wir nach dem zweiten Pikser umgehend wieder auf unsere Lilly zurückkehren zu können. Leider erhielten wir vom Werftleiter zu dem Zeitpunkt, an dem wir wieder hätten fahren können, den Bescheid, dass das Schiff nächste Woche in die Malerhalle gebracht wird, wo die neue Beschriftung angebracht wird. Das erstaunte uns dann doch etwas, schliesslich war es bereits drei Wochen davor am Liegeplatz abgeholt und zur Werft verbracht worden, was uns unsere Schiffsnachbarn berichtet hatten. Wir würden erst wieder auf der Lilly wohnen können, wenn sie aus der Halle ist.
Nun gut, so vergingen noch einmal fast zwei Wochen bis wir endlich losfahren konnten.
Eine Information die uns kurz vor unserer Rückfahrt erreichte, war, dass die Anoden verbraucht waren
und ersetzt werden sollten. Zudem fehlte dem Propeller des Frontstrahlruders ein Blatt. Also musste auch der Propeller ersetzt werden. Ausserdem habe die Welle, die vom Motor zur Schraube die Kraft überträgt, Spiel. Zu viel Spiel. Spielen an sich ist ja was Nettes, so mit Kindern, oder am Jasstisch. Aber eine Welle, die zu viel Spiel hat ist übel. So erteilten wir noch vor Abfahrt die Aufträge, dass diese Mängel behoben werden sollen. Das bedeutete längeren Werftaufenthalt und noch mehr Kosten, andererseits konnten wir froh sein, dass diese Fehler jetzt im Trockenen entdeckt worden sind und nicht unterwegs, weitab von einer Möglichkeit zur Behebung und vielleicht mit schlimmeren Folgen.
Als wir informiert wurden, dass Lilly jetzt aus der Halle ist, machten wir uns umgehend auf den Weg. Auch diesmal mit unserer Harley, allerdings nun ohne Covid-Test. Dieser wurde für Geimpfte seit einem Tag davor nicht mehr verlangt. So hat sich die Warterei doch noch ein bisschen gelohnt. Unterwegs als wir Vesoul elegant umfuhren, böse Stimmen würden sagen, wir hätten uns trotz Motorrad-Navi ein wenig verfahren, kamen wir in ein heftiges Gewitter. Ich entschied mich nicht anzuhalten um das Regenzeug anzuziehen, was sich als Richtig erwies, es hörte nach kurzer Strecke auf zu regnen und die Sonne trocknete uns auf dem restlichen Weg fast vollständig.
Beim Schiff angekommen, wir fanden es einfach auf dem Werftgelände, es war ja jetzt schön mit seinem Namen angeschrieben, waren wir zuerst einmal etwas ratlos. Es war uns nämlich eine Treppe versprochen worden, um an Bord zu gelangen. Jedoch war da Keine. Und am Arbeiten war auf dem Gelände um die Zeit, etwa 17:10 Uhr, auch Keiner, auch nicht
Eine. Dafür aber andere Bootsbesitzer, welche sich auch noch als Schweizer zu erkennen gaben. Rasch wurde der Hafenmeister organisiert, welcher uns eine Leiter zur Verfügung stellte. So kamen wir etwas später an Bord unserer Lilly, zu einem Nachtessen und einem warmen Bett.
Im Gegensatz zur ersten Fahrt zu unserer Lilly wussten wir dieses Mal, dass schon alles Notwendige bereits an Bord ist. Trotzdem war die Packtasche auf dem Motorrad auch dieses Mal gegen zwanzig Kilo schwer und platschvoll.
So geht es einem, wenn man zu lange im Festland-Domizil blockiert ist und Zeit zum Ãœberlegen hat, was man auf dem Schiff alles noch unbedingt braucht, was es nur in der Schweiz gibt.
Die folgenden Tage verbrachten wir, ähnlich dem ersten Aufenthalt auf der Lilly, mit den Besorgungen für den täglichen Bedarf, mit sich vertraut machen mit der Technik, etc.
Es war gut, dass wir wieder vor Ort waren, das erleichterte die Kommunikation mit dem Werftleiter und gab uns die Möglichkeit immer wieder ein wenig zu pushen und ihn gleichzeitig mit Fragen zu bombardieren.
Wir wurden auch noch auf ein paar Kratzer an Stellen im Unterwasserbereich aufmerksam gemacht, welche wohl durch irgend eine kleine Grundberührung entstanden sind. Dies unbeachtet zu lassen wäre fahrlässig gewesen, hier kann sich Rost bilden, also gab es noch etwas zu malen. Hier konnten wir uns nun selber einbringen, eine kleine Einführung, ein Becher Farbe (Rostschutz Grundierung), Pinsel, Schleifpapier und dünne Gummihandschuhe und schon ging es los. Eine kleine Schleifmaschine hatte ich bereits an Bord. Ich dachte aber nicht, dass ich sie so früh schon zum Einsatz bringen würde müssen. Das war dann auch schon der anstrengendste Teil, nun mussten alle blanken Stellen schön zugepinselt werden. Dies in vier Schichten, die immer einen Tag zum trocknen brauchten.
Die Welle wurde, mit einer neuen Muffe, nun auch schon wieder eingebaut. Nicht ohne am Ende die Schraube wieder anzubringen.
Eine etwas eigenartige Problematik musste bei der ganzen Geschichte gelöst werden. Die Welle kann nur gerade nach hinten aus dem Schiff gezogen werden. Dort ist aber das Ruder im Weg. Leider kann man bei der Lilly das Ruder, ohne einen U-Balken aus Stahl zu durchtrennen, nicht ausbauen.
Des Werftleiters elegante Lösung: mit dem Schneidbrenner ein Loch durch das Ruder, mitten durch die Achse, zu
brennen, anschliessend ein Stück Rohr in das Loch zu schweissen, um die Stabilität wiederherzustellen. Und schon lässt sich die Welle durch das Ruder ziehen. Das ist eine Erleichterung, auch für zukünftige Arbeiten. Ein weiterer Vorteil dieses langen Werftaufenthaltes. Auch die Anoden erhielten einen Upgrade.
Diese waren angeschweisst und mussten mit der Flex abgetrennt werden. Als Ersatz wurden hier Gewinde-Bolzen angeschweisst, welche es erlauben, die neuen Anoden einfach festzuschrauben. Auch dies eine Verbesserung für zukünftige Wartungsarbeiten.
Jetzt warten wir noch auf das Anbringen der Plattform für unsere Harley. Danach müssen die Schweissstellen auch wieder gemalt werden, was wieder Wartezeiten erfordert. Die Plattform ist gemäss dem Hersteller auf dem Weg zu uns, scheint sich aber verlaufen zu haben. Unsere Geduld und unsere Resilienz wird hier auf eine harte Probe gestellt.
Wir haben zum Glück keinen Termin, irgendwo sein zu müssen, aber wir wollten schon lange losgefahren sein. Zudem stellt sich langsam so ein Kribbeln im Nacken ein. Es schwebt nämlich ein Damokles Schwert über uns. In den letzten Jahren, wohl durch die Klimaerwärmung, fehlte nämlich im Verlauf des Sommers, immer öfter, schlicht das Wasser in den Kanälen. So wurden, meist für die Nutzer überraschend, Kanalabschnitte für Monate gesperrt. Da sitzt Du dann im Nirgendwo und wetterst die Ungemach ab. Das würde unsere Pläne ein weiteres Mal durchkreuzen.
Trotz allem geniessen wir die Tage, langweilig ist es nie. Entweder müssen wir irgend etwas besorgen, oder die Feuerlöscher und Rettungswesten kontrollieren lassen oder den Pinsel schwingen. Es gibt auch immer etwas zu sehen, Schiffe werden aus dem Wasser genommen oder hineingelassen, was immer ein Spektakel ist, oder es kommt Jemand vorbei, um etwas auszumessen oder gar etwas zu machen. Wir waren sogar schon in der Saône zum Schwimmen.
Zum Essen sitzen wir meist auf unserer Veranda, 2,5 m über dem Boden und geniessen die Aussicht.
Die neueste Nachricht ist, dass unser Funkgerät für die Änderung des Eigentümers in den Einstellungen nach England zum Hersteller eingeschickt werden muss. Bis wir das dann wiederhaben, kann es Wochen dauern, Brexit sei Dank.
Trotz alledem konnten wir uns samstags für eine kleine, dreistündige Ausfahrt auf den Töff (schweizerisches Wort für Motorrad) schwingen. Wir genossen die schöne Landschaft bei gutem Wetter und fuhren auf teilweise sehr schmalen Nebenstrassen, die von unseren Stossdämpfern so einiges abverlangten.
So hoffen wir weiter darauf, dass Lilly bald ins Wasser kann. Der nächste Bericht erzählt dann hoffentlich vom Fahren in Frankreichs Kanälen und Flüssen.