Im letzten Bericht versprach ich aufzudecken, welche Abwechslung und Spannung uns die erste Schleuse bot. Ganz einfach, der beeindruckende Hub von über zehn Metern. Etwa einen Kilometer nach der Mündung des Canal du Centre in die Saône ragt da diese riesige Betonwand vor einem auf, am unteren Ende dieses Stahltor, vergleichsweise klein und noch geschlossen. Die Ampel zeigte dementsprechend Rot. Unser Kanalführer hatte uns schon darauf vorbereitet, dass die Schleuse bedient sein würde und man sich etwas in Geduld üben sollte. Also übten wir, wieder einmal. Irgendwann entschied der Schleusenwärter, dass wir genug geübt hätten und liess uns in die Schleusenkammer einlaufen. Bequemerweise gibt es zwei Schwimmpoller in für uns gutem Abstand, damit verlor diese Schleuse Nr. 34b einen grossen Teil ihres Schreckens. Nur der Blick nach oben liess einen leichten Schauder aufkommen. Ringsum von Algen bewachsener Beton und nur weit oben ein helles Viereck. Oben angekommen folgte die übliche Befragung nach der Registrierungsnummer, dem woher und wohin etc. wie sie immer an der ersten Schleuse eines Kanals stattfindet. Nach kurzer Fahrt durften wir unter einem Restaurant, welches quer über den Kanal gebaut worden war, hindurchfahren; wieder etwas, was wir so bis jetzt nicht gesehen hatten. Heute schafften wir es bis nach Chagny, hier stiessen wir wieder auf Urs mit seiner Soloris, er war nach uns aus Saint Jean de Losne ausgelaufen und direkt bis hierhergelangt, während wir noch in Chalon lagen. Urs stellte fest, dass Lillys Funkgerät sehr schwach sendete. Er brachte ein Messgerät mit, um die Leistung des Antennenkabels zu messen. Es sah schlecht aus, es schien nass geworden zu sein. Wir werden es wohl auswechseln müssen.
Die nächste Tagesetappe brachte uns bis zu einem Liegeplatz mit einer sehr hohen Mauer mit Pollern in einem angenehmen Abstand. Der Platz war zwar weitab der Zivilisation, jedoch trotzdem ordentlich belebt. Einige junge Leute, die zum geselligen Fischen hier sogar übernachteten. Auch hier blieben wir für zwei Tage. Diese wollten wir für die Korrektur unseres Verdecks über dem Achterdeck nutzen, es war in demselben schönen Burgunderrot, wie das Verdeck des Steuerhausdaches, ausgeführt worden. Dies zu unserer vollen Zufriedenheit, es hat nur einen Nachteil, wenn die Sonne darauf scheint, wird es darunter sehr warm. Fünfzig bis sechzig Grad hatten wir schon gemessen. Darum kauften wir im Winter in Basel ein grosses Stück weissen Spezialstoffes, um ihn, bei Bedarf über das Heckverdeck legen zu können. Christine hatte ihn, noch im Winterdomizil, rundherum mit einem Saum vernäht. Als wir es nun hier anbringen wollten, mussten wir feststellen, dass es viel zu gross war. Also legten wir es im Gras aus und brachten es mit Sicherheitsnadeln in eine akzeptable Form. Ösen wurden strategisch platziert und eingestanzt und das Ganze dann auf dem Achterverdeck verteilt. Es sieht, in dieser provisorischen Form, etwas unbeholfen aus, erfüllt aber seinen Zweck und entspricht unseren Erwartungen, es ist jetzt deutlich kühler auf dem Achterdeck. Wir werden dieses Verdeck im nächsten Winter noch verbessern.
Nach zwei Tagen legten wir ab und kamen nach einem langen Tag mit einigen Schleusen bis Montchanin, wo wir vor dem VNF Standort unsere Leinen um die Poller legten. Hier erreichte uns die Nachricht, dass ein Paket in Saint Jean de Losne im H2O Hafen angekommen sei. Also entschlossen wir uns einen Tag länger hier zu liegen und das Paket mit dem Motorrad abzuholen. Das Abladen der Harley gestaltete sich etwas umständlich, da der Platz nach hinten, bis zum Zaun, gerade so reichte. So stand unser Motorrad über Nacht neben der Lilly und am nächsten Morgen fuhr der Skipper nach SjdL. Die Fahrt dorthin verlief problemlos, dort angekommen lud ich das Paket auf den Gepäckträger und machte noch zwei Kurzbesuche, einerseits bei Schmockers, die zu dem Zeitpunkt gerade dort vor dem Atelier lagen und andererseits bei Phillippe, dem Werftleiter. Zügig nahm ich anschliessend den Rückweg unter die Räder, bis kurz vor Beaune ein seltsames Geräusch erklang und die Motorenleistung massiv zurückging. Ich erschrak heftig, da ich mich sozusagen im Niemandsland befand. Beim Anhalten stellte der Motor einfach ab. Hier konnte ich nicht bleiben, also versuchte ich wieder zu starten, was zum Glück gelang, aber der Motor lief nur noch auf einem Zylinder. Vorsichtig rollte ich bis zum nächsten Kreisel, von wo aus ich eine Tankstelle sah und schaffte es gerade noch so bis dorthin.
Der Reiseversicherung anzurufen war das nächste und dann ging es los, das heisst eigentlich ging nichts. Etwa eine Stunde später kam jemand mit einem Auto und fragte, ob ich derjenige sei, der mit dem Motorrad liegen geblieben sei. Er habe mich nicht telefonisch erreichen können, da er eine falsche Nummer erhalten habe, drum sei er direkt hergekommen. Er müsse nun noch den Transport organisieren und verschwand wieder. Bei einem nächsten Telefongespräch mit der Versicherung erlaubte ich mir darauf hinzuweisen, dass die nächste Harley Werkstatt in Chalon sur Saône sei und ich gerne hätte, dass die Maschine dorthin gebracht werden würde. Man erklärte mir, dass ich nicht einfach wählen könne, wohin sie gebracht werden würde, es sei nur ein Transport in die nächstmögliche geeignete Werkstatt versichert. Sollte dies nicht möglich sein, würde sie in die Schweiz zu meiner Werkstatt gebracht, was ich allerdings vehement ablehnte. Meiner Meinung nach war es sinnvoller, die Harley bei einem autorisierten, offiziellen Harley-Laden in der Nähe reparieren zu lassen. Viele Stunden später und nach mehreren Telefonaten kam endlich derselbe Mann mit einem Kollegen und einem Lastwagen, um uns aufzuladen und zu seinem Betrieb zu bringen, es war inzwischen ca. 18:30 Uhr. Ausser einem Päckli Chips, einem Schokoriegel und ein paar Flaschen Mineralwasser aus dem Tankstellenkiosk hatte ich bis dahin noch nichts zu mir genommen. In der Garage des Abschleppdienstes angekommen, übergab ich dem Chef den Schlüssel und liess die Harley in der Garage stehen. Mit meinem Paket wartete ich vor dem Geschäft eine weitere halbe Stunde auf ein Taxi (das war dann wieder von der Versicherung gedeckt), welches mich in einer einstündigen Fahrt zur Lilly, wo Christine auf mich wartete, zurückbrachte. Endlich gab es etwas Anständiges zu Essen und zu trinken und später ein bequemes Bett. Den grössten Teil meiner Resilienz verbrauchte ich an diesem Tag, um nicht an der Ungewissheit, wann denn endlich was geschehen würde, zu verzweifeln. Da war auch niemand, mit dem man hätte sprechen können, und auch kein Restaurant, wo die Warterei etwas komfortabler gewesen wäre.
Trotz alledem fuhren wir am nächsten Tag weiter, bis Montceau les Mines, wo wir im städtischen Hafen einen angenehmen Liegeplatz an einem Schwimmsteg fanden und gleich für zwei Tage blieben. Dass dieser Entscheid richtig war, merkten wir erst im Laufe dieser zwei Tage. Zum einen gab es Restaurants mit einladender Terrasse für einen Apéro, sowie eine Einkaufsstrasse, die sich Fussgängerzone nannte, in Fussdistanz, als auch einen ziemlich grossen Wochenmarkt direkt am Hafen. Zum Anderen war die Navigation am Sonntag ohnehin untersagt, was so viel heisst, dass man nicht wegfahren durfte und dies einer Veranstaltung wegen, die sich gewaschen hat. Etwas präziser: gewaschen hatten sich nur die Verliererinnen eines Wettbewerbes, bei dem es darum ging auf einer Plattform hoch am Heck von kleinen Booten stehend, welche knapp aneinander vorbei kreuzten, mit einer langen Lanze zu versuchen seine Gegner ins Wasser zu stossen. Eine köstliche Gaudi und riesiges Publikumsmagnet.
Die Weiterfahrt begann unmittelbar nach dem Hafenbecken mit gleich drei niedrigen Brücken über den Kanal, welche angehoben (eine sogenannte Hebebrücke), respektive hochgeklappt werden mussten (zwei Klappbrücken) direkt hintereinander und bedient von nur einem Brückenwart. Bevor wir passieren konnten, durften wir noch etwas warten, daher wohl die Berufsbezeichnung Brücken-Wart.
Mit einer Übernachtung in Génelard benötigten wir zwei Tage bis Paray le Monial. Der Hafen ist so wie wir es lieben, ein sauberer und intakter Beton-Quai, mit Pollern in vernünftigem Abstand, Säulen mit Strom und Wasseranschluss und so lang, dass mehrere Wohnschiffe unserer Grösse Platz finden würden. Zudem hätte hier die Harley perfekt abgeladen werden können, so wir sie denn bei uns gehabt hätten, sie war aber bedauerlicherweise bislang nicht fertig repariert. Zumindest bekam ich Nachricht, dass sie bei meinem Mechaniker des Vertrauens, in der Schweiz (!), angelangt war und der Schaden mit vernünftigem Aufwand reparabel war, es bestand also die Aussicht auf baldiges Wiedersehen. Auf ein Wiedersehen der anderen Art musste ich hier allerdings eine Woche lang warten. Die Schiffersfrau machte den Skipper zum Strohwitwer und liess sich von demselben zum Bahnhof begleiten, wo sie für die besagte Woche gen Heimat verschwand, um soziale Kontakte zu pflegen.
Die Woche ging erfreulich rasch vorbei, füllte ich die Zeit doch mit kleineren Unterhaltsarbeiten und Ausspannen, sowie dem Pflegen sozialer Kontakten zu wechselnden Schiffsbesatzungen aus. Ich ersetzte unter anderem den defekten Druckausgleichsbehälter im Maschinenraum. Nachdem der Alte demontiert war, stellte ich fest, dass da jemand versucht hatte den Anschluss an die Wasserleitung mit Fugendichtmasse zu dichten. Es fehlte mir also ein passender Dichtring, ohne diesen hätte ich den Anschluss des neuen Ausgleichsbehälters wohl nicht dicht bekommen und wir hätten die Pumpe abgestellt lassen müssen, in der Folge hätten wir kein fliessendes Wasser an Bord gehabt. Eine Horrorvorstellung. Glücklicherweise lag ein englischer Skipper mit seinem Schiff direkt hinter uns. Dieser hatte das passende Teil und konnte mir helfen. Es ist immer wieder schön zu sehen, dass man sich auf dem Wasser einfach gegenseitig hilft, wo man eben kann.
Einmal kam eine Dame vorbei, um die bescheidene Liegegebühr zu kassieren, ich hatte es leider nicht passend in bar und sie kein Wechselgeld und auch kein Kartenlesegerät. Kein Problem meinte sie, sie würde einfach später noch einmal vorbeikommen. Sie ward nie mehr gesehen und so mussten wir leider eine ganze Woche gratis hier liegen.
Der Ort bietet einiges, was das Leben erträglich macht, Läden, Coiffeursalons, Restaurants und Bars. Ein gewisser Wohlstand ist unübersehbar, wohl auch darauf zurückzuführen, dass er Jahr für Jahr zur Sommerszeit von einer grossen Zahl von Pilgern überschwemmt wird. Im frühen Mittelalter hatte hier eine junge Nonne, die in der Zwischenzeit heiliggesprochen worden war, eine Erscheinung, was der Grund für den Pilger Aufmarsch sein dürfte.
Die Woche endete und der Skipper marschierte wieder zum Bahnhof, um seine Herzensdame abzuholen.
Infolge eines Wolkenbruchs machten wir unsere Leinen erst nach einem weiteren Tag wieder los und bewegten uns weiter auf dem letzten Abschnitt des Canal du Centre in Richtung Digoin, wo eine sehr lange Kanalbrücke über die Loire führt. Unmittelbar vor der Brücke liefen wir auf die Calliope auf, ebenfalls ein Piperboat, welche hier angelegt hatte, um das Ende der Mittagspause des Schleusenwärters am anderen Ende der Brücke, abzuwarten. Lesely und Stuard, die ausgesprochen netten Eigner von Calliope, hatten wir zuvor in Paray kennengelernt. Nachdem wir und der Schleusenwärter ausreichend Mittagspause gemacht hatten, liessen wir Calliope einen Vorsprung von einer Viertelstunde, da wir ohnehin nicht beide in die Schleuse gepasst hätten. Also überquerten wir die Loire, wo wir am Ende der Kanalbrücke mit einem entgegenkommenden Mietboot kreuzen mussten, bevor wir in die Schleuse einlaufen konnten. Obwohl der Platz beschränkt ist, gelang auch dieses Manöver, ohne etwas zu zerstören. Diese Schleuse und den Canal Lateral à la Loire kannten wir bereits von unseren Ferien im 2014, als wir mit dem Mietboot schon einmal hier waren (siehe Ferienbericht 2014)
In Coulange legten wir für das Wochenende an. Immerhin stand auch der Geburtstag der Schifferin am Sonntag im Kalender und so gönnten wir uns ein ruhiges Wochenende an einem gemütlichen und ordentlichen Liegeplatz in einem kleinen verschlafenen Nest. Ausser uns lagen hier nur eine Yacht und die «Alphi» ein etwas kürzeres Piperboat. Mit Alison und Phil sassen wir in ihrem Steuerhaus zu einem kühlen Getränk und tauschten Geschichten und Informationen aus, wie das unter Schifferleuten im Allgemeinen und Piper Ownern im Besonderen üblich ist. Wir erfuhren einiges über unser Ziel, Belgien. Coronabedingt konnten sie nämlich während zweier Jahre Belgien nicht verlassen und erlebten und erfuhren dessen Wasserwege ausgiebig. Ihr Urteil: lovely.
Am Samstag lag ausser Lilly kein Schiff mehr hier, dafür passierte Calliope an uns vorbei und eine Dreiviertelstunde später die Amarok, ein weiteres Piperboat. Deren Crew wir allerdings bislang nicht das Vergnügen hatten, sie kennengelernt zu haben. Ich erwähne sie nur, um zu verdeutlichen, dass in dieser Gegend, zu dieser Zeit, auffällig viele Pipers unterwegs waren.
Ab Montag war dann wieder Weiterziehen angesagt, also Leinen los und auslaufen. Via Übernachtungsliegeplätzen in Beaulon, Gannay sur Loire, Fleury sur Loire und Chevenon erreichten wir am 30. Juni Nevers. Um nach Nevers zu gelangen, mussten wir über Steuerbord in den Stichkanal abbiegen und gleich in die erste von zwei Schleusen einlaufen. Leichter gesagt als getan, davor mussten wir auf ein zu Berg schleusendes Boot warten und diesem den benötigten Platz freimachen, bevor wir selbst in die Schleuse einlaufen konnten. Normalerweise wäre das keine grosse Sache, wenn nur nicht so ein starker böiger Wind geblasen hätte. Es kostete den Skipper einige Schweisstropfen Lilly an Ort und Stelle zu halten und am Ende in unmöglichem Winkel in die Schleuse einzufädeln. Das Manöver gelang, einmal mehr ohne Rumpfberührung, bis auf die Reibehölzer und Fender, welche schliesslich dafür da sind. Der Skipper erntete jedenfalls von einem Passanten eine entsprechend wohlmeinende Bemerkung. Lustig war auch die Reaktion einer Schulklasse, welche die Schleusung beobachtete und klatschte, als wir unten wieder ausliefen. Nach etwa eineinhalb Kilometern erreichten wir den Hafen von Nevers, wo wir am langen Schwimmsteg festmachten.
Dass wir hier für volle drei Tage bleiben wollten, hatte seinen Grund darin, dass diese Stadt touristisch attraktiv ist und infolge ihrer Grösse entsprechend Geschäfte aller Art beherbergt. Beispielsweise war vor ein paar Wochen das dünne Kabelchen zum Lautsprecher vom Hörgerät des Skippers gebrochen und musste ersetzt werden. Bereits im ersten von mehreren möglichen Hörgeräteakustikern konnte das Gerät in wenigen Minuten kostengünstig repariert werden. Ausserdem liessen sich viele andere Dinge des täglichen Bedarfs hier problemlos finden. Dazu kam, dass wir ein paar Sachen im Internet bestellt hatten und als Empfangsadresse, diejenige der Capitanerie des Hafens benutzten.
Einmal zum Inder, dafür reichte die Zeit ebenfalls.
Ein anderes Mal beobachtete ich eine Crew eines Mietbootes, welche verzweifelt und vergeblich versuchte gegen den Wind vom Steg abzulegen. Sie liessen das vordere und das hintere Querstrahlruder mit voller Leistung das Boot seitlich vom Steg wegschieben, dazu versuchten zwei Leute sich vom Steg abzustossen und sogleich aufs Boot zu steigen. Jedoch trieb sie der Wind jedes Mal unbarmherzig zurück an den Steg.
Ich beschloss dem Drama ein Ende zu bereiten und spazierte die paar Schritte von der Lilly zu den armen Leuten. Zuerst versuchte ich ihnen klarzumachen, dass es so nicht geht und die Lösung des Problems das Eindampfen in eine Spring sei. Ihre ratlosen Blicke sagten mir, dass es einfacher wäre, es ihnen Schritt für Schritt zu zeigen. Also legten wir zuerst die Spring, eine Leine vom Bug zurück auf eine Klampe am Steg. Dann mussten alle an Bord sein und der Kapitän erhielt von mir die Anweisung: Ruder hart Steuerbord und den Gang einlegen, so schob die Schraube das Boot nach vorn und es dampfte in die Spring ein. Die Spring, also die Leine, die steuerbordseitig vom Bug achteraus, also nach hinten um die Klampe am Steg und zurück lief, verhinderte, dass das Boot einfach voraus, also nach vorn lief, dafür bewegte sich das Heck nun langsam vom Steg weg. Als der Winkel gross genug war, wies ich den Kapitän an den Rückwärtsgang einzulegen und langsam zurückzusetzen, gleichzeitig löste ich die Leine von der Klampe und warf sie der Crew zu. Nun konnten sie achteraus, also zurück bis zur Mitte des recht breiten Hafens laufen und entspannt wenden, um zurück zu den Schleusen zu fahren.
Wir selbst mussten, um Trinkwasser aufnehmen zu können, am Vorabend unserer Abreise umparken und am Morgen darauf dasselbe Manöver fahren, um aus der Enge dieses Liegeplatzes wegzukommen. Nach dem Durchlaufen des Stichkanals mit seinen zwei Schleusen mussten wir hart über Steuerbord abbiegen, um unsere Reise auf dem Canal lateral a la Loire wieder fortzusetzen. Via Übernachtungen in Cours les Barres und Herry, sowie einer Überquerung mittels einer Kanalbrücke über den Fluss l'Allier, erreichten wir Ménétréol-sous-Sancerre. Nach der Brücke gab es noch eine Besonderheit, die Schleusenwärterin schleuste uns durch eine Schleusentreppe, genauer gesagt eine Doppelschleuse, da ist das untere Tor der ersten, gleichzeitig das obere Tor der zweiten Schleuse. In Ménétréol blieben wir übers Wochenende, einerseits, weil von hier aus Sancerre einigermassen gut erreichbar ist und andererseits, weil Sohn Florian Silvester mit Gattin Fränzi, Söhnchen Julian und Tante Michèle auf ihrer Reise an den Atlantik bei uns für einen Tag Halt machten.
Diesen einen Tag füllten wir mit einem Ausflug mit Flos Auto nach Sancerre aus. Uns ist gesagt worden, dass wir Sancerre besichtigen sollten und das haben wir auch, und eine Glace (Speiseeis) genossen. Ansonsten war es einfach schön, wieder einmal Familie um uns zu haben, besonders gefreut haben sich wohl Omi Christine und Enkel Julian.
Am nächsten Tag brachen wir alle auf, die jungen Leute mit dem Auto und wir legten gleich danach ebenfalls ab und kamen bis Léré für diese Nacht, eine weitere lagen wir in Châtillion sur Loire. Weiter auf dem Canal Lateral a la Loire bis nach Briare, wofür wir nur etwa eineinhalb Stunden brauchten und wo wir nur einen Tag blieben. Unmittelbar vor dem Hafen überquerten wir die Loire auf einer sehr langen Kanalbrücke, 662 Meter, um genau zu sein. Das eindrückliche Bauwerk wurde von 1890 bis 1896 von Gustave Eiffel und Daydé Pillé erbaut und gilt als eines der schönsten seiner Art. Bevor diese Wannenbrücke gebaut worden war, mussten die Schiffer den alten Kanal, der in die Loire mündete, benutzen, um vom Canal de Briare in den Canal lateral a la Loire zu kommen. Dies war ein anstrengendes und sehr gefährliches Unterfangen. Heutzutage werden die Kanäle und die Brücke im Grunde nur noch von Freizeitschiffern genutzt. Teilweise ist der alte Kanal noch befahrbar und in Betrieb. er kann über eine Abzweigung vom Canal de Briare erreicht werden und führt über zwei Schleusen bis in den alten Hafen, welcher von vielen Yachten und sogar von zwei Pipers genutzt wird.
Dort, wo er nicht mehr befahren werden darf, bis zur Loire, wird er tatsächlich noch von Ausflugsschiffen benutzt, die Schleusen funktionieren also noch. Allerdings darf die Loire nur von ortskundigen und erfahrenen Kapitänen befahren werden. Zu Fuss sind die Parklandschaft und die vielen kleinen Brücken (einige davon ebenfalls von Gustave Eiffel konstruiert), mit den kleinen Seelein und dem alten Baumbestand optimal zu erforschen und zu geniessen. Von den vier Kanälen, welche die Flüsse Saône und Seine verbinden, hatten wir nun also zwei hinter und zwei vor uns. Wie so oft, wenn wir einen Ort schon zur Mittagszeit erreichen, genügt der Nachmittag für Besichtigung, kleinere Einkäufe und manchmal sogar für einen Apéro, irgendwo. In Anbetracht der bisher zurückgelegten Strecke, der dafür benötigten Zeit und der Strecke, die noch vor uns lag (zur Erinnerung, unser Plan war in Belgien zu überwintern), beschlichen uns langsam Zweifel, ob die Zeit bis Oktober überhaupt reichen würde. Wie weit wir in welcher Zeit kommen würden, was wir unterwegs erlebten, wen wir wo kennenlernten und wie wir uns dabei fühlten, kann im nächsten Bericht nachgelesen werden.