Kurz nach Verlassen unseres Liegeplatzes in Sarreguemines, auf Deutsch Saargemünd, kamen wir zum Haupthafen des Ortes und dort gibt es etwas sehr Spezielles zu sehen. Da liegt ein ganz besonderes Schiff, die «Majesty of the seas». Der gelernte Elektriker und frühere Bergmann François Zanella (* 1949, †2015) hat das Schiff nach Originalplänen im Massstab 1:8 in fast alleiniger Arbeit in elf Jahren Bauzeit, rund 30.000 Arbeitsstunden und Eigenkosten von 500.000 € in seinem Garten in Morsbach geschaffen.
Hier noch der Link zum Artikel in Wikipedia.
Seit der Erbauer, Eigner und Skipper verstorben ist, wartet das Prachtstück, bis die Familie das Geld für den Transport über Land zusammen hat. Sie beabsichtigen es auf ihrem Land aufzustellen.
Wir folgten weiter dem Kanal, vorbei an eindrucksvoller, wildromantischer Landschaft. Schon knapp drei Stunden und fünf Schleusen später, fanden wir bei Zetting einen «Halte Nautique», ganz nach unserem Geschmack, eine steinerne Kaimauer mit kleinen starken Pollern im richtigen Abstand, in einer bezaubernden Landschaft, ein paar Tisch- und Bankgarnituren und sonst nichts. Auch der Ort bot gar nichts, nicht einmal eine Bäckerei gab es, sogar das einzige Restaurant war geschlossen, Betriebsferien.
Vielleicht wussten die Skipper der wenigen Boote, die an diesem Halte Nautique vorbeifuhren, dass es hier sehr ruhig ist.
Wir hingegen machten es wie der Schnee, wir blieben liegen, und zwar das ganze Wochenende. Es hat sich auf der Lilly eine Gewohnheit eingeschlichen, am Wochenende wird ausgeschlafen, dann ein gepflegter Brunch abgehalten und dann schauen wir mal was noch geht. Am Samstag haben wir unsere e-Klappräder bestiegen und sind bis Wittring dem Kanal entlanggefahren. Im Hafen von Wittring gibt es das Restaurant Victoria, hier genossen wir einen Apéro. Bevor wir zurückradelten, drehten wir eine Runde in Wittring. Wie so oft in diesen Dörfern entlang der Wasserstrasse ist das einzige, was sich zu besichtigen lohnt, die Kirche.
Der Hafen löste jetzt auch nicht die grössten Begeisterungsstürme bei uns aus, zudem liegt er zu nahe an unserem aktuellen Liegeplatz.
Zurück auf der Lilly kümmerten wir uns zunächst um unser leibliches Wohl, das heisst, wir machten es uns gemütlich und assen und tranken und genossen die Ruhe, bis wir uns in unsere Koje, in der Masterkajüte, zur Nachtruhe zurückzogen.
Weiter ging es am Montag, und zwar wiederum durch idyllische Landschaft. Nach dem Hafen von Wittring schleusten wir zu Berg, wo gleich nach der Schleuse ein Trockendock zur Miete angeboten wird. Dort kann man Arbeiten am Unterwasserschiff erledigen oder erledigen lassen, auch an etwas grösseren Schiffen, für die es nirgends einen genügend starken Kran gibt. Da wir im Moment keinen entsprechenden Bedarf hatten, liessen wir die Einrichtung rechts liegen und schipperten weiter bis Saaralb, wo wir schon kurz nach ein Uhr eintrafen. Der Hafen der Gemeinde ist ziemlich neu, mit einem ordentlichen Steinquai, starken Pollern, Wasserhahn und Stromanschluss, bis 1KW und das ganze ohne Gebühren und zeitlicher Beschränkung. Zwischen der Strasse und dem Hafen ist ein gepflegter kleiner Park angelegt worden. Auf diesen Hafen haben wir uns gefreut, hatten wir doch im Vorfeld schon davon gelesen. Auch der Ort versprach einen angenehmen Aufenthalt.
Wie es sich gehört, legten wir Lilly direkt am Anfang des Quais an die Poller. Kaum war festgemacht, sprach uns ein Gemeindemitarbeiter an. Wir sollten hier nicht liegen, der Platz sei für eine Veranstaltung reserviert, aber erst in einem Tag. Wenn wir etwas länger bleiben wollten, sollten wir nur ein paar Meter weiter vorn anlegen. Es gab um diese Zeit genügend freie Plätze, so verholten wir Lilly gleich ein Stück weiter bis hinter einer Tjalk, die bereits dort lag. Gleich danach machten wir uns auf, das Städtchen zu erkunden. Der gute Eindruck, den wir im Hafen bekommen hatten, wurde uns im Ort umgehend bestätigt. Alles wirkte gut gepflegt und sauber und überall dieser wunderschöne, für Frankreich so typische, Blumenschmuck. Kirche und Stadtmauerturm, gepflasterte Gassen und Plätze boten ansprechende Fotomotive. Einen schalen Geschmack hinterliessen nur die vielen leeren Schaufenster und geschlossenen Geschäfte. Auch hier konnte eine gewisse Landflucht nicht verleugnet werden. Man wird den Eindruck nicht los, dass sich zumindest die ländlichen Regionen in Frankreich im Niedergang befinden. Zu unserem Glück existierten noch ein paar Gastwirtschaftsbetriebe, sodass wir uns auf dem Rückweg zur Lilly einen Apéro gönnen konnten.
Das anschliessende Programm entsprach in weiten Teilen dem Üblichen: Abendessen bereiten, dieses mit einem Glas Wein geniessen und später die Kombüse auf klarieren. Dann Bettruhe.
Nach dem Morgenkaffee luden wir unsere e-Klappräder ab und radelten drei Kilometer zum nächsten Einkaufscenter zwecks Aufstockens unserer Nahrungsmittelreserven. Weil es so schön war, wiederholten wir das am nächsten Tag gleich noch einmal, wir hatten wohl noch ein paar freie Stellen in der Bilge gefunden, die gefüllt werden wollten. Ausserdem machten wir auf halber Strecke einen Zwischenstopp beim «Marché aux Affaires», um ein paar Haushaltsartikel zu besorgen. Auch so bringt man den Tag herum.
Am vorletzten Abend unseres Aufenthalts in Saaralb lief das Boot, für welches der unterste Teil des Hafens reserviert war, in ebendiesen ein. Flugs wurden Bänke und andere Infrastruktur aufgebaut, Lautsprecher, Beleuchtung, eine Leinwand auf dem Boot und vieles mehr. Als es dunkel wurde, begaben wir uns die paar Schritte zu diesen Bänken und harrten der Dinge, die da kommen sollten.
Was dann kam, war wirklich lustig, nostalgisch und liebenswert. Nach einer Ansage des Chefs der Truppe startete der Film. Ganz im Stile vergangener Zeiten, ohne Ton und in Schwarz-Weiss. Texte mit Erklärungen wurden eingeblendet und der komplette Ton wurde live vom ganzen Team produziert, Pferde Getrappel, Wasser plätscherte, Türen quietschten et cetera. Wenn gesprochen wurde im Film, benutzten sie so Tröten, es gab keine Worte, nur Körpersprache und Action, die Handlung war einfach. Ein einsamer Mann findet in der Saar eine Flaschenpost und macht sich auf, die Absenderin zu finden. Er wird unterwegs von vielen Leuten unterstützt und findet am Ende eine alte Frau, die unzählige solcher Flaschen hat treiben lassen. Und wenn sie nicht gestorben sind …
Während der ganzen Vorstellung mussten ein paar Freiwillige auf umgebauten Fahrrädern in die Pedale treten, um den nötigen Strom zu erzeugen, grossartig.
Unser Plan sah vor, dass wir zwischen Anfang und Mitte Oktober in unserem Winterhafen in Kembs eintreffen wollten. Das bedeutete, dass wir uns nicht zu sehr beeilen sollten, sonst würden wir nur zu früh in Strassburg eintreffen. Darum liessen wir uns viel Zeit für die Orte am Weg und die einzelnen Etappen wurden kurz.
So auch die Nächste, die uns bis zum «Halte Nautique» vor der Schleuse 16, führte. Auch hier trafen wir bereits um ca. 13:30 Uhr ein und machten am unteren Ende des, ansonsten leeren Steinquais, fest. Ein schöner Liegeplatz im Grünen, mit Platz für ca. drei weitere, normal grosse, Yachten. Lilly benötigt nun mal immer etwas mehr Platz. Es gibt drei Tisch- und Bank Garnituren und einen Grill. Gleich dahinter fängt der Wald an. Eine Strasse mit einer Brücke über den Kanal liegt ca. 150 Meter weiter, direkt vor der Schleuse 16. Etwas, was uns ständig beschäftigte, war die Abfallentsorgungs-Problematik. Meistens gibt es gar nichts. Hier stand wenigstens ein Mülleimer, wenn auch nichts um getrennt zu entsorgen. Und ja, der Mülleimer war so voll, dass der Deckel nicht mehr schloss. Schon klar, dass die Kommunen kein Interesse haben, solche Entsorgungsstationen einzurichten, wenn sie keine Entschädigung dafür erhalten. Es wäre eher Sache und im Interesse von VNF, ein entsprechendes Angebot zu realisieren. Schliesslich kassieren sie auch die Gebühren für die Benutzung der Wasserwege. Wir behielten unseren Plastik- und Papierabfall halt dann bis zum nächsten Hafen, wo die Entsorgung im Liegepreis inbegriffen ist.
Aus unseren Unterlagen wussten wir, dass Visavis des Hafens ein gut geführtes Restaurant «Zur Schleuse 16» lag. Hier hätten wir gerne wieder einmal auswärts gegessen. Unglücklicherweise, für uns, hatte es genau jetzt Betriebsferien. Schade, aber kein Weltuntergang, waren doch unsere Vorräte für längere Zeit ausreichend und Ideen, was man damit anstellen könnte, hatten wir ebenfalls. Nur zubereiten mussten wir es halt nun selbst. Und klar Kombüse machen am Ende natürlich auch.
Ein ganzes Wochenende sind wir hier liegen geblieben. Ausgedehnte Spaziergänge im anschliessenden Wald, bis zum Pferdehof «Parc Nature de Cheval» in Neuweyerhof – 67260 ALTWILLER. Dort erhielten wir sogar etwas zu trinken, bevor wir über die Brücke auf die andere Seite des Kanals und dort auf dem Treidelpfad bis zur nächsten Brücke und wieder zurück zur Lilly, wanderten.
Ausser uns wollte eigentlich niemand hier anlegen. Es gab ohnehin nur marginalen Verkehr. Die paar passierenden Boote liessen sich an einer Hand abzählen. An zwei Abenden wendete sich das Blatt auf amüsante Weise. Wie wir das schon von anderen Kanälen kannten, ist ab einer bestimmten Zeit Schluss. Die Schleusen bleiben zu, da kann man auf der Fernbedienung so lange herumdrücken wie man will, die Ampeln bei der Schleuse werden ausgeschaltet und das war es dann für den heutigen Tag. Irgendwann hat das dann jeder begriffen, jedenfalls kam am einen Abend ein vollelektrisch betriebenes Mietboot, mit einem Schweizer Pärchen, achteraus, also rückwärts von der Schleuse zu uns. Es bedurfte eines kleinen Einsatzes des Skippers der Lilly, damit das Rückwärtsfahren und das Anlegemanöver erfolgreich beendet werden konnte. Für die Crew der Lilly ist es eine Selbstverständlichkeit in solchen Fällen zu helfen, konnten wir uns doch gut an unsere ersten Urlaubstage auf den Kanälen erinnern.
Beim zweiten Mal war es ein ziemlich kleines privates Motorboot, welches nach dem Festmachen vier junge Männer ausspuckte. Diese benötigten keine Hilfe. Sie begannen umgehend an der Tisch- und Bankgarnitur am anderen Ende, einen gemütlichen Grillabend vorzubereiten. Mit allem, was dazugehört, also Fleisch, Würste und Bier.
Das alles tat der Qualität unserer nächtlichen Erholungsphase, also unserem Schlaf, keinen Abbruch.
Nach dem Montagmorgen Kaffee, warfen wir die Maschine an und die Leinen los, liefen aus dem Hafen aus und in die Schleuse 16 ein und befanden uns somit auf der letzten unbekannten Etappe unserer Reise.
Nur zwei Stunden benötigten wir am Montag, bei bestem Wetter und trotz der Trockenheit, passablen nautischen Bedingungen, bis Mittersheim. Diesen Ort kannten wir schon von unserem allerersten Wohnbootmietabenteuer (siehe «Alte Ferienberichte 2013»). Damals kamen wir jedoch aus der Gegenrichtung.
In den vergangenen neun Jahren veränderte sich nicht viel, das auffälligste und für uns unangenehmste war, dass der kleine Laden in der Zwischenzeit geschlossen worden war. Da wir einen gewissen Bedarf an frischen Nahrungsmitteln hatten, bedurfte es einer eleganten Lösung des Problems. Gemäss dem grossen Internet-Kartendienst, mit dem grossen G und mehreren o’s, sollte es im nächsten Ort «Fénétrange» einen kleinen Supermarkt geben. Also beschlossen wir mit unsern e-Klapprädern sechs Kilometer über eine normale Landstrasse dorthin zu fahren. Die Fahrt gestaltete sich, der anderen Verkehrsteilnehmern wegen, als nicht so gemütlich. Dafür entpuppte sich der Ort als pittoresk, mit malerischen Gassen, Häusern, Stadtmauern und Gasthäusern. Obwohl wir doch, wegen der Hitze, durstig waren, hatten alle Restaurants geschlossen. Eines davon trieb es mit uns besonders gemein, aus der Notiz an der Türe ging hervor, dass es am nächsten Tag wieder öffnen würde. Wir sahen sogar jemanden im Innern am Aufräumen, es gab trotzdem nichts. Schade, es wäre ein solch gemütliches Plätzchen gewesen, schöne Terrasse im Schatten mitten in der Altstadt. Sei’s drum. Am Ende unserer Besichtigungstour besuchten wir den Tante-Emma-Laden und deckten uns mit den Sachen ein, die diese Fahrt nötig gemacht hatten. Ausserdem Mineralwasser und Glacé. Damit setzten wir uns in den schattigen Park neben einer Kirche, bevor wir uns auf den Rückweg zur Lilly machten.
Für den Rückweg wählten wir eine andere Route, zwar etwas länger, dafür mit einem grossen Anteil der Stecke auf dem Treidelpfad, dem Kanal entlang, wovon wir uns eine etwas entspanntere Fahrt versprachen.
Nach nur zwei Tagen in Mittersheim, warfen wir am letzten Tag des August 22 die Leinen los und nahmen die Strecke bis zum Halte Nautique d'Albreschaux in Angriff. Als wir sie das letzte Mal, mit einem Mietboot, befuhren, waren wir stolz auf die Leistung, zwölf Schleusen auf zehn Kilometer in nur einem Tag geschafft zu haben. So wussten wir also, worauf wir uns gefasst machen mussten. Daher überraschten wir uns selbst, dass die Etappe nur vier Stunden, sieben Minuten und sechzehn Sekunden dauerte und wir dabei ca. 40 Höhenmeter erklommen hatten. Den Liegeplatz kannten wir ebenfalls von früher. Den Quai fanden wir überwiegend belegt durch Dauerlieger, teilweise mit Blachen abgedeckte Boote, dahinter wo es keine Poller mehr gab, wurde wacker gefischt und davor war ein Platz reserviert für Elektroboote. Ausser dem Einen (siehe weiter oben), sahen wir auf unserer gesamten Reise kein anderes Elektroboot. Für den Fall, dass doch noch eines käme und auch noch Strom tanken müsste, würde wir einen Weg finden, um das zu ermöglichen. Also legten wir unsere Lilly für eine Nacht vor diesen Strompfosten. Wie erwartet kam keines und auch sonst nahm niemand Notiz von uns, oder hätte uns in irgendeiner Weise angesprochen. Ich wage mir nicht vorzustellen, was unser Verhalten in der Schweiz oder in Deutschland ausgelöst hätte.
Weiter ging es anderntags bis zum Ende des Saarkanals. Dort stösst er auf den Canal du Marne au Rhin. Würden wir dort über Steuerbord, also nach rechts abbiegen, kämen wir wieder nach Nancy. Unser Ziel ist aber Strassburg, darum warf der Steuermann das Ruder scharf nach Backbord, um in den Canal du Marne au Rhin nach Osten abzubiegen. Diese Kreuzung bietet sich perfekt an, um diesen Bericht abzuschliessen, wie es weitergeht, wird im nächsten Bericht zu lesen sein.